Urlaubsanspruch bei Krankheit –
so handeln Unternehmen rechtlich einwandfrei

Nach einer Untersuchung des Statistischen Bundesamts waren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland für durchschnittlich 15,0 Arbeitstage krank gemeldet. Kurze Erkrankungen aufgrund einer Erkältung oder Grippe gehören zum Leben. Aktuelle Statistiken zeigen aber auch, dass Langzeiterkrankungen wie schwere Depressionen oder Burn-out fortlaufend zunehmen. Bei einer monatelangen Erkrankung kommen viele Fragen auf. Dieser Artikel geht im Detail darauf ein, was Arbeitgeber zum Urlaubsanspruch bei Krankheit wissen müssen.

Take-aways zum Urlaubsanspruch bei Krankheit

  • Zeiten der Arbeitsunfähigkeit aufgrund von Krankheit werden als Beschäftigungszeiten gewertet. Es entsteht ein Anspruch auf Erholungsurlaub.
  • Erholungsurlaub, der aufgrund von Krankheit nicht genommen werden kann, darf bis zu 15 Monate übertragen werden.
  • Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass Arbeitgeber verpflichtet sind, den Arbeitnehmer zu unterstützen, seinen Urlaubsanspruch auszuüben.

Urlaubsanspruch bei Krankheit: Gesetzliche Grundlagen

Der Anspruch auf Erholungsurlaub wird umfassend im Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) geregelt. Die wichtigsten gesetzlichen Grundlagen sind:

Urlaubsanspruch gemäß § 1 BUrlG

Alle Arbeitnehmer haben gemäß § 1 BUrlG in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub.

Urlaubsgewährung im laufenden Jahr und Übertragbarkeit gemäß § 7 BUrlG

Der Erholungsurlaub muss im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung auf das Folgejahr ist möglich, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Eine langfristige Erkrankung macht eine Übertragung des Urlaubs möglich. Dies stellt unter anderem ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts klar (Urteil BAG vom 19.02.2019 9 AZR 321/16).

„Ist die Gewährung des Urlaubs im laufenden Kalenderjahr entweder aus dringenden betrieblichen Gründen oder aus in der Person des Mitarbeiters liegenden Gründen nicht möglich (Krankheit), wird der Urlaub in das erste Kalendervierteljahr (bis 31. 03.) des Folgejahres übertragen. Liegen die Voraussetzungen tatsächlich vor, bedarf es keines Antrages bzw. keiner Vereinbarung der Übertragung.“

Europäischer Gerichtshof: Urlaubsanspruch bei Krankheit

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in seinem Urteil vom 22.09.2022 (C-518/20 und C-727/20) entschieden, dass Arbeitgeber verpflichtet sind, den Arbeitnehmer in die Lage zu versetzen, seinen Urlaubsanspruch auszuüben. Diese Obliegenheit gilt auch, wenn der Arbeitnehmer arbeitsunfähig ist, da die Dauer der Krankheit nicht im Voraus bekannt sein könne. Hat der Arbeitnehmer im Urlaubsjahr noch gearbeitet, bevor er arbeitsunfähig wurde, verfällt der Resturlaub nur, wenn der Arbeitgeber seiner Mitwirkungsobliegenheit nachgekommen ist. Für die Praxis bedeutet dies, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer rechtzeitig vor Eintritt der über den möglichen Verfall informieren muss.

Urlaubsabgeltung gemäß § 7 BUrlG

Eine Auszahlung (Abgeltung) des Urlaubs ist ausschließlich unter der Bedingung möglich, dass das Arbeitsverhältnis endet und der Urlaub bis zum Austritt nicht mehr genommen werden kann. Bei einer Langzeiterkrankung und einer Frühverrentung könnte zum Beispiel der Fall entstehen, dass der Resturlaub vom Arbeitnehmer nicht mehr genutzt werden kann. In diesem Fall werden die Urlaubstage finanziell abgegolten.


Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Urlaubsanspruch eines Mitarbeiters bei Krankheit grundsätzlich erhalten bleibt. Krankheitszeiten gelten als Beschäftigungszeiten, in denen ein Anspruch auf Erholungsurlaub erworben wird. Bei einer langfristigen Erkrankung kann der Erholungsurlaub ins Folgejahr übertragen werden. Er muss innerhalb von 15 Monaten nach dem Urlaubsjahr genommen werden. Eine Auszahlung ist ausschließlich bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses möglich.

Langzeiterkrankungen und Urlaubsanspruch

Eine Krebserkrankung, ein komplizierter Knochenbruch, ein lebensbedrohlicher Verkehrsunfall oder eine psychische Erkrankung ziehen häufig langfristige Krankheits- und Rehabilitationsphasen nach sich. Wie sich der Urlaubsanspruch in diesem Fall verhält, erfahren Sie in den folgenden Unterthemen:

Urlaubsanspruch bei Krankheit über 6 Wochen

Ist ein Arbeitnehmer länger als sechs Wochen (42 Tage) krank, bezieht er nach § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG) Krankengeld von der Krankenkasse. Das Krankengeld wird in Höhe 70 % des letzten Bruttolohns und maximal mit 90 % des letzten Nettoeinkommens bezahlt.

Das Ende der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber hat keine Auswirkungen auf den Urlaubsanspruch. Dieser verfällt nicht, sondern bleibt weiterhin bestehen und kann nach Rückkehr an den Arbeitsplatz eingesetzt werden.

Urlaubsanspruch bei längerer Krankheit / langzeitkrank

Bei längeren Krankheitsperioden, die mehrere Monate andauern, staut sich der Urlaubsanspruch oft auf. Die langfristige Erkrankung hat keinen Einfluss auf den Urlaubsanspruch.

Urlaubsanspruch bei Krankheit über 1 Jahr

Selbst bei einer Krankheit, die über ein Jahr hinausgeht, besteht der Urlaubsanspruch weiter. Der Anspruch auf Erholungsurlaub kann nach 15 Monaten verfallen. Grundsätzlich muss der Arbeitgeber vor der Streichung des Erholungsurlaubs alles tun, damit der Arbeitnehmer seinen Urlaub antreten kann. Erst dann kann er im Einzelfall den Verfall des Urlaubs dokumentieren.

Wann verfällt ein tariflicher Urlaubsanspruch bei Krankheit?

Der tarifliche Urlaubsanspruch bei Krankheit verfällt, wenn der Tarifvertrag eigene Regelungen zu Urlaubsübertragung und -abgeltung enthält, die vom Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) abweichen. Enthält der Tarifvertrag derartige Klauseln, kann sich daraus ergeben, dass der infolge einer Erkrankung nicht genommene Mehrurlaub zu einem bestimmten Zeitpunkt verfällt.

Hat der Tarifvertrag keine eigenen Übertragungsregelungen, gilt für den tariflichen Mehrurlaub das BUrlG und die dazugehörige Rechtsprechung. In diesem Fall ist der Mehrurlaub wie der gesetzliche Mindesturlaub vor einem krankheitsbedingten Verfall für 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres geschützt.

Wichtige Fragen und Antworten:

Was passiert mit dem Urlaubsanspruch bei längerer Krankheit?

Der Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers bleibt selbst bei längerer Krankheit bestehen. Er verfällt in der Regel nach 15 Monaten, wenn er nicht genommen wird.

Wie wird Urlaub nach langer Krankheit berechnet?

Der Urlaub wird auf Basis des Bundesurlaubsgesetzes und des Arbeitsvertrags oder eines zugrunde liegenden Tarifvertrags berechnet. Krankheitstage zählen nicht als Urlaubstage, sodass der volle Urlaubsanspruch erhalten bleibt.

Was passiert mit Resturlaub bei Krankheit und Kündigung?

Bei einer Kündigung während einer Krankheit muss der Resturlaub ausgezahlt werden, wenn er nicht mehr genommen werden kann. Während einer Krankheitsphase wird der Resturlaub aufgespart und kann nach der Erkrankung genommen werden.

Verfall von Urlaubsanspruch bei Krankheit – ist das möglich?

Der Verfall von Urlaubsansprüchen bei Krankheit ist möglich. Er unterliegt klaren Voraussetzungen und Einschränkungen, die die Rechtsprechung in Deutschland häufig thematisiert hat. Der Arbeitgeber ist vor allem verpflichtet, einen Arbeitnehmer frühzeitig über die Streichung von Urlaubsansprüchen zu belehren und zu informieren.

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