Wie die Deutsche Rentenversicherung in ihrer Statistik ausgibt, beantragten im Jahr 2023 mehr als 1,8 Millionen Menschen eine gesetzliche Rente. Nach Jahrzehnten der beruflichen Tätigkeit bringt der Ruhestand viele Veränderungen mit. Auch aus Arbeitgebersicht ergeben sich Fragestellungen und rechtliche Aspekte, die geklärt werden müssen. Eine häufige Frage betrifft den Urlaubsanspruch bei Renteneintritt. Dieser praxisbezogene Artikel beleuchtet die wichtigsten Aspekte rund um den Urlaubsanspruch bei Renteneintritt und beantworten häufig gestellte Fragen.
Der Urlaubsanspruch bei Renteneintritt ist für viele Arbeitnehmer eine wichtige Frage. Immerhin hat er einen direkten Einfluss auf das Austrittsdatum und die weitere Planung des Ruhestands. Grundsätzlich gilt, dass ein Arbeitnehmer während des gesamten Kalenderjahres Anspruch auf seinen Jahresurlaub hat.
In Bezug auf den Urlaubsanspruch bei Renteneintritt muss das Bundesurlaubsgesetz (BurlG) zurate gezogen werden. Arbeitnehmer haben nach § 4 BurlG generell einen Anspruch auf Erholungsurlaub, wenn das Arbeitsverhältnis 6 Monate besteht. Die sechsmonatige Karenzzeit bezeichnet der Gesetzgeber als „Wartezeit.“
Im § 5 BurlG wird zusätzlich erklärt:
„Anspruch auf ein Zwölftel des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses hat ein Arbeitnehmer:
Wichtig: Bruchteile von Urlaubstagen, die mindestens einen halben Tag ergeben, sind auf volle Urlaubstage aufzurunden.
Praxisbeispiel: Ein Mitarbeiter in einem mittelständischen Unternehmen hat einen Urlaubsanspruch von 30 Tagen pro Kalenderjahr. Er scheidet zum 30.05.2024 aus dem Arbeitsverhältnis aus und geht in Rente. Rechnerisch stehen ihm 5 * 2,5 Tage Erholungsurlaub für 5 Monate zu. Nach § 5 BurlG werden Bruchteile von Arbeitstagen aufgerundet. Der Neurentner erhält 13 Tage Erholungsurlaub.
Ein Rentner, der in der zweiten Jahreshälfte zum 1. Juli oder später in Rente geht und mindestens sechs Monate im aktuellen Arbeitsverhältnis tätig war, hat Anspruch auf den vollen Jahresurlaub vor Rentenbeginn. Dies gilt, sofern keine abweichenden arbeitsvertraglichen Regelungen festgelegt wurden.
Manche Arbeitsverträge enthalten Klauseln, die ohne Ausnahme eine anteilige Berechnung des Urlaubs in Zwölfteln nach § 5 BUrlG vorsehen. Diese individualvertragliche Regelung gilt bei Renteneintritt ausschließlich für die Urlaubstage, die über den gesetzlichen Mindesturlaub von 24 Arbeitstagen (siehe § 3 BurlG) hinausgehen.
Zusätzlich enthalten Tarifverträge in vielen Fällen spezielle Bestimmungen zu den Themenbereichen Erholungsurlaub und Renteneintritt. Im öffentlichen Dienst des Bundes (TVöD) und der Länder (TV-L) ist eine anteilige Berechnung des Urlaubs beispielsweise auch in der zweiten Jahreshälfte üblich. Aus diesem Grund ist es aus Sicht von Arbeitnehmern und Arbeitgebern wichtig, den Arbeitsvertrag und geltende tarifliche Bestimmungen sorgfältig zu prüfen, bevor der restliche Erholungsurlaub eingereicht und genehmigt wird.
Gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG hat ein Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Renteneintritt einen Anspruch auf Abgeltung des noch nicht genommenen Urlaubs. Im Gesetz heißt es:
„Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten.“
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die nicht genommenen Urlaubstage auszuzahlen.
Arbeitnehmer mit Schwerbehinderung haben auf Grundlage des § 208 des Sozialgesetzbuchs IX (SGB IX) Anspruch auf zusätzlichen Urlaub von mindestens fünf Tagen pro Jahr. Dieser zusätzliche Urlaub steht schwerbehinderten Mitarbeitern ebenfalls bei Renteneintritt zu. Dies bedeutet für die Praxis, dass schwerbehinderte Arbeitnehmer, die in Rente gehen, nicht nur ihren regulären Urlaubsanspruch, sondern auch den zusätzlichen Urlaub in Anspruch nehmen können.
Für Beschäftigte im öffentlichen Dienst (TVöD) beschreibt der § 26 TVöD die Vorgaben zum Erholungsurlaub. Bei Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf fünf Tage in der Kalenderwoche beträgt der Urlaubsanspruch in jedem Kalenderjahr:
Beginnt oder endet das Arbeitsverhältnis im Laufe eines Jahres, erhält der Beschäftigte als Erholungsurlaub für jeden vollen Monat des Arbeitsverhältnisses ein Zwölftel des Urlaubsanspruchs. Eine Regelung, dass Rentner der volle Erholungsurlaub bei Renteneintritt in der 2. Jahreshälfte zusteht, sieht das TVöD nicht vor.
Bei einem Renteneintritt zum 31.07. eines Kalenderjahres könnte einem Mitarbeiter der volle Jahresurlaub zustehen. Ob dies der Fall ist, muss im Einzelfall geprüft werden. Individuelle Klauseln in Arbeitsverträgen oder Tarifverträgen können anderweitige Aussagen machen. Ist dies nicht der Fall, steht dem Neurentner der volle Urlaubsanspruch des Kalenderjahrs zu.
Wer als Arbeitnehmer länger als Monate beschäftigt ist und in der 2. Jahreshälfte in Rente geht, hat in der Regel Anspruch auf den vollen Jahresurlaub. Dies gilt, wenn der Arbeitsvertrag oder der Tarifvertrag keine anderweitigen Regelungen enthalten.
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