Sonderurlaub zur Geburt:
Arbeitsrechtliche Fakten für Arbeitgeber

Die Geburt eines Familienmitgliedes ist für werdende Eltern ein Ereignis voller Freude und Glück. Für frischgebackene Eltern gilt es, in diesem turbulenten Lebensabschnitt viele Entscheidungen zu treffen. Eine der häufigsten Fragen vor der Geburt lautet: Wie sieht es mit Sonderurlaub bei der Geburt für die Mutter und den Vater aus? Hier bietet das deutsche Arbeitsrecht explizite Antworten und Grundsatzurteile, die sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer kennen sollten.

Take-aways zum Sonderurlaub bei Geburt:

  • Werdende Väter haben auf Grundlage von § 616 BGB ein Recht auf Sonderurlaub.
  • Ab 2024 soll die Familienstartzeit Partnern von Schwangeren ein gesetzliches Recht auf 10 Tage bezahlte Freistellung geben.
  • In der Regel erhalten werdende Väter heute 1 oder 2 Tage Sonderurlaub zur Geburt.

Sonderurlaub bei Geburt: Infos aus dem Arbeitsrecht für Arbeitgeber

Im Kalenderjahr 2023 kamen in Deutschland 693.000 Kinder zur Welt. Dies ist ein Rückgang von 6,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr 2022. Wie das Statistische Bundesamt ausgibt, waren von allen Geborenen 46,5 % die ersten Kinder, 34,8 % die zweiten Kinder und 18,7 % die dritten oder weiteren Kinder der Mutter.

Viele der werdenden Mütter und die Mehrzahl der Väter befinden sich während der Schwangerschaft und vor der Geburt in einem Arbeitsverhältnis. Damit die Zeit vor und nach der Geburt ein unvergessliches Erlebnis bleibt, ist auch rechtlich einiges zu beachten. Unter anderem müssen Eltern Elterngeld beantragen und die Frage beantworten, welcher der Ehepartner in Elternzeit gehen möchte. Auch die Frage nach Sonderurlaub zur Geburt muss vor der Geburt geklärt werden.

Nach deutschem Rechtsverständnis zählt die Geburt eines Kindes zu den wichtigsten und anerkannten Gründen für die Gewährung von Sonderurlaub. Die gesetzliche Grundlage für Sonderurlaub finden Arbeitgeber und Arbeitnehmer im § 616 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Dort wird erklärt, dass Arbeitnehmer (zur Dienstleistung Verpflichtete) ihren Anspruch auf Vergütung trotz Verhinderung nicht verlieren. Entscheidend ist, dass die vorübergehende Verhinderung für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit und ohne eigenes Verschulden eintritt.

Im Falle der Geburt eines Kindes treffen alle Vorgaben des Bürgerlichen Gesetzbuches für Sonderurlaub zu. Ähnlich verhält es sich mit Sonderurlaub bei einem Todesfall, Sonderurlaub für einen Umzug oder Sonderurlaub zur Hochzeit. Entscheidend ist, dass dem Sonderurlaub ein formaler Antrag beim Arbeitgeber vorausgeht. Ohne einen solchen Antrag kann der Arbeitnehmer nicht der Arbeit fernbleiben. Aus diesem Grund ist es aus Sicht werdender Väter wichtig, mit dem Arbeitgeber frühzeitig über den vorläufigen Geburtstermin zu sprechen und formal einen Antrag auf Sonderurlaub einzureichen.

Erhalten werdende Mütter und Väter Sonderurlaub bei Geburt?

Werdende Mütter fallen auf Grundlage von § 3 Mutterschutzgesetz (MuSchG) unter die Schutzfristen vor und nach der Entbindung:

  • Der Arbeitgeber darf eine schwangere Frau in den letzten sechs Wochen vor der Entbindung nicht beschäftigen (Schutzfrist vor der Entbindung), soweit sie sich nicht zur Arbeitsleistung ausdrücklich bereit erklärt.
  • Für die Berechnung der Schutzfrist vor der Entbindung ist der voraussichtliche Tag der Entbindung maßgeblich.
  • Der Arbeitgeber darf eine Frau bis zum Ablauf von acht Wochen nach der Entbindung nicht beschäftigen (Schutzfrist nach der Entbindung). Die Schutzfrist nach der Entbindung verlängert sich bei Frühgeburten oder bei Mehrlingsgeburten oder Kindern mit einer Behinderung auf zwölf Wochen.

Durch die Vorgaben des Mutterschutzgesetzes ist die werdende Mutter in jedem Fall zum Geburtstermin von der Arbeit freigestellt. Sie benötigt keinen Sonderurlaub. Der werdende Vater hingegen kann sich auf kein Gesetz berufen, dass ihn während der Schwangerschaft seiner Partnerin von der Arbeit freistellt. Aus diesem Grund muss er nach § 616 BGB einen Antrag auf Sonderurlaub zur Geburt stellen.

Vaterschaftsurlaub oder Familienstartzeit – was sagt das neue Gesetz?

Für das Kalenderjahr 2024 plant die „Ampel-Koalition“ in Deutschland die Umsetzung eines EU-Gesetzes zum Vaterschaftsurlaub. Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass sich Väter oder Partner und Partnerinnen für die ersten zwei Wochen nach der Geburt ihres Kindes bei voller Lohnfortzahlung von der Arbeit freistellen lassen können. Dies würde einem gesetzlich verbrieften Sonderurlaub zur Geburt von 10 Arbeitstagen gleichen.

Ob und wann der Gesetzesentwurf in Deutschland im Jahr 2024 rechtskonform umgesetzt wird, steht noch nicht fest. Der Vaterschaftsurlaub oder die Familienstartzeit würde jungen Familien und ihren Neugeborenen die Chance geben, die ersten Tage nach der Geburt in Ruhe und gemeinsam verbringen zu können.

Wie viel Sonderurlaub bei Geburt steht Vätern zu?

Die Dauer des Sonderurlaubs bei Geburt ist gesetzlich nicht eindeutig geregelt. Typischerweise werden in der Praxis zwischen ein bis drei Tage Sonderurlaub gewährt. Betriebsvereinbarungen, Tarifverträge oder der individuelle Arbeitsvertrag können abweichende Regelungen enthalten. Ist im Arbeitsvertrag nichts festgelegt, liegt die Entscheidung über die Dauer des Sonderurlaubs beim Arbeitgeber.

Sonderurlaub Geburt Väter: Was gilt für Unverheiratete?

Unverheiratete Männer haben vom Gesetz her keinen Rechtsanspruch auf Sonderurlaub bei der Geburt ihres Kindes. Laut dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 18.01.2001 (6 AZR 492/99) haben ausschließlich verheiratete oder gleichgestellte zweite Elternteile einen eindeutigen Anspruch auf Sonderurlaub bei der Geburt. Die Richter am Bundesarbeitsgericht urteilten:

„Ein Angestellter einer Landesversicherungsanstalt in den neuen Bundesländern kann weder nach § 616 BGB noch nach § 52 BAT eine bezahlte Freistellung aus Anlass der Niederkunft seiner mit ihm nicht verheirateten Lebensgefährtin verlangen.“

Entscheidend für eine Freistellung aus juristischer Sicht sind eine Ehegemeinschaft oder ein eheähnliches Verhältnis auf Basis des Gesetzes über die Eingetragene Lebenspartnerschaft (Lebenspartnerschaftsgesetz - LPartG). Im § 2 des LPartG wird die eingetragene Lebenspartnerschaft wie folgt definiert:

„Die Lebenspartner sind einander zu Fürsorge und Unterstützung sowie zur gemeinsamen Lebensgestaltung verpflichtet. Sie tragen füreinander Verantwortung.“

Abweichend von dieser gesetzlichen Regelung existieren in vielen Arbeitsverträgen, Betriebsvereinbarungen und Tarifverträgen Hinweise und Verfahrensvorschriften, die auch unverheirateten Vätern Sonderurlaub bei der Geburt zusichern. Dies geschieht oft vor dem Hintergrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes, um unverheiratete Väter nicht zu benachteiligen.

Zusammengefasst haben unverheiratete Väter vom Gesetz her kein Anrecht auf Sonderurlaub bei der Geburt ihres Kindes. In der Praxis wird dieser Anspruch häufig durch andere Vereinbarungen gewährt.

Sonderurlaub zur Geburt im TVöD und für Beamte

Im Bereich des öffentlichen Dienstes (TVöD) sind die Regelungen klar und nachvollziehbar. Der § 29 des Tarifvertrags im Öffentlichen Dienst (TVöD) erklärt unter dem Unterpunkt „Arbeitsbefreiung:“

  • Arbeitsbefreiung bei Niederkunft der Ehefrau/der Lebenspartnerin im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes = 1 Arbeitstag.

Für Bundesbeamte sowie für Richterinnen und Richter des Bundes gilt mit der „Verordnung für Sonderurlaub“ (SurlV) ein eigenes Sonderurlaubsgesetz. Es regelt die Zuständigkeit, die Voraussetzungen und die Dauer von Sonderurlaub für Bundesbeamten und Richter. Im § 21 der SurlV wird äquivalent zum TVöD festgelegt, dass bei „Niederkunft der Ehefrau, der Lebenspartnerin oder der mit der Beamtin oder dem Beamten in ehe- oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft lebenden Lebensgefährtin“ ein Arbeitstag als Sonderurlaubstag genehmigt werden sollte.

Diese Regelungen zum Sonderurlaub sind ein Bestandteil des Bemühens um familiäre Unterstützung und Work-Life-Balance im öffentlichen Sektor und für Beamten und Richter in Deutschland.

Sonderurlaub Großeltern Geburt: Gibt es Ansprüche?

Eine interessante Frage betrifft einen möglichen Anspruch auf Sonderurlaub für Großeltern anlässlich der Geburt eines Enkelkindes. Hier ist die Rechtslage eindeutig: Einen gesetzlichen Anspruch gibt es nicht.

Großeltern, die sich noch im Arbeitsprozess befinden, können ihren Erholungsurlaub einsetzen, um nach der Geburt bei der jungen Familie zu sein. Wird in Ausnahmesituationen eine besondere und längerfristige Unterstützung in der Familie benötigt, kann im Einzelfall ein unbezahlter Urlaub mit dem Arbeitgeber abgesprochen oder Erholungsurlaub beantragt werden.

Weitere Antworten zum Sonderurlaub zur Geburt:

Wie viele Tage Sonderurlaub erhalten werdende Väter?

In der Regel erhalten werdende Väter auf Basis des § 616 BGB einen Tag Sonderurlaub. In manchen Betrieben regeln Betriebsvereinbarungen, dass mehr Tage Sonderurlaub zur Geburt zur Verfügung stehen. Ab 2024 soll in Deutschland mit der Familienstartzeit ein Gesetz eingeführt werden, dass Familienvätern 10 Tage Sonderurlaub garantiert.

Wie lange können Väter in anderen Ländern bei der Geburt eines Kindes freigestellt werden?

In Spanien haben Väter Anspruch auf 16 Wochen Elternzeit bei vollem Lohnausgleich. Französische Väter haben einen arbeitsrechtlichen Anspruch auf 11 Tage Freistellung innerhalb der ersten 4 Monate nach der Geburt. Sie erhalten einen finanziellen Ausgleich in Höhe des französischen Mutterschaftsgelds. In Schweden haben Väter zusätzlich zum Elternzeitanspruch ein Recht auf 10 Tage Freistellung innerhalb der ersten 3 Monate nach der Geburt. Sie bekommen 80 Prozent ihres üblichen Arbeitsentgelts als Lohnersatz. In Großbritannien haben Familienväter Anspruch auf 1 oder 2 Wochen Vaterschaftsfreistellung.

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